Johann-Joachim-Kändler
Johann-Joachim-Kändler

 

 

Ist Johann Joachim Kändler einSohn der Gemeinde Fischbach oder Seeligstadt?

 

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Unsere engere Heimat hat Männer hervorgebracht, die durch ihr Schaffen das deutsche Geistes‑ und Kulturleben derartig bereicherten, daß ihre Namen unbestritten Weltruf genießen. Denken wir dabei an Lessing (Kamenz), Rietschel (Puls­nitz), Fichte (Rammenau) und Johann Joachim Kändler (Seeligstadt oder Fisch­bach).

 

Wo hat Johann Joachim Kändler, der durch sein hervorragendes Kunstschaffen der Meißner Porzellanmanufaktur Weltruf einbrachte, das Licht der Welt erblickt?

Sind es bei Homer sieben Städte, die sich um die Palme, der Geburtsort des Dichters zu sein, streiten, so sind es bei Johann Joachim Kändler zwei schlichte Dörfer un­serer Heimat: Seeligstadt und Fischbach.

 

Alle älteren biographischen Mitteilungen über Kändler stimmen darin überein, daß seine Geburt im Jahre 17o6 erfolgte. Als Geburtsort wird in der Regel Seeligstadt erwähnt, seltener dagegen Fischbach. So verzeichnet das "Vollständige Staats‑, Post‑ und Zeitungslexikon von Sachsen" vom Jahre 1824 unter Seeligstadt folgen­

den Nachsatz: "Hier wurde auch im Jahre 17o6 Johann Joachim Kindler, ein bekannter Künstler, geboren. Er war Hofbildhauer von Dresden und zuletzt Direktor der Meißner Porzellanfabrik, wo er im Jahre 1775 verstorben ist.  Auch R. Steche nennt in seinem Werk „Beschreibende Darstellung der älteren Bau‑ und Kunstdenkmäler Sachsens" (1882) Seeligstadt als Geburtsort Kändlers.

 

Was berichten uns die urkundlichen Quellen? Johann Joachim Kändler war der Sohn des gleichnamigen Pfarrers von Fischbach. Dieser Geistliche amtierte dort von 1691 bis 1735 und hatte gleichzeitig die Gemeinde Seeligstadt seelsorgerisch mit zu betreuen. Im Fischbacher Kirchenbuch, dessen Geburtsregister 1695 beginnt, findet Kändlers Geburt im Jahre 17o6 keine Erwähnung. Ebenso nicht in den Jahren vorher und nachher, obwohl die übrigen Kinder der an Kopfzahl nicht kleinen Pfarrersfamilie genannt werden. Es ist kaum anzunehmen, dass der Fischbacher Pfarrer vergessen haben sollte, die Geburt seines Sohnes einzutragen. Das kirchenamtliche Geburtenregister der Gemeinde Seeligstadt beginnt im Jahre 1694. Doch dann klafft leider von 1698 bis 1713 eine Lücke. Da Kändlers Geburt, wie bereits erwähnt, 17o6 erfolgte, können wir auch hier nichts erfahren.

Johann Joachim Kändlers Geburt fiel in die wirrenreiche Zeit des so genannten Schwedenkrieges. Fremdes Kriegsvolk zog damals durch unsere Heimat. Es ist möglich, dass in jenen Tagen die Fischbacher Pfarrersfamilie nicht vollständig beisammen war und so der berühmte Meister in Seeligstadt geboren wurde. Auch an eine andere Möglichkeit sei noch gedacht. Der Vater des großen Künstlers war zweimal verheiratet, was bisher die Kändlerforschung nicht beachtet hat. Vielleicht hat er seine zweite Gattin aus Seeligstadt heimgeführt und diese brachte ein Kind mit, das nach damaliger Gepflogenheit den Namen seines neuen Pflegevaters erhielt. Da die Trauregister der Gemeinde Fischbach erst 1713 und das Seeligstädter sogar erst 1725 beginnen, so lässt sich auch diese Frage nicht beantworten.

obwohl die urkundlichen Quellen recht dürftig sind, können wir trotzdem annehmen, dass Kändler in Seeligstadt geboren wurde. Den früheren Heimatforschern, die von Kändlers Geburt in Seeligstadt schrieben, stand noch ein lückenloses Kirchenbuch der Gemeinde zur Verfügung.

 

(Quellen stammen aus: Das Heimatbuch der Gemeinde Seeligstadt von Martin Burkhardt)